"Autor" |
Sprache |
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geschrieben am: 15.09.1999 um 22:48 Uhr
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wäre sprache ein strom,
bräche sie über uns herein.
stattdessen sind wir hier
in einem schweigen, beredter,
als ein wort je sein könnte.
wörter sind zu gewichtig
und bewegen sich nicht schnell genug,
um den blitz im hirn zu fassen,
der einschlägt, und dann ist er fort.
es ist so schwer, wörter zu benutzen.
sie bedeuten nicht wirklich, was ich meinte.
sie sagen nicht wirklich, was ich sagte.
sie sind nur die kruste der bedeutung,
und darunter liegen reiche,
nie berührt, nie gestört, nicht einmal durchquert.
wäre sprache ein strom,
bräche sie über uns herein.
stattdessen sind wir hier
in einem schweigen, beredter,
als ein wort je sein könnte. |
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"Autor" |
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geschrieben am: 16.09.1999 um 09:16 Uhr
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[i]...was mir beim Lesen so durch den Kopf ging...[/i]
Auch wenn Worte öfter zum Mißverständnis
als zum Verständnis führen -
sie sind dennoch die vielschichtigste Möglichkeit
mich mitzuteilen, mich mit anderen zu verständigen.
Jener seltene Gleichklang der Seelen,
der Worte überflüssig werden läßt
ist nur ein Splitter der Realität.
Aber Sprache sind nicht nur Worte:
Tonfall, Mimik, Gestik: Körper-Sprache.
Sie zeigt meist deutlicher als Worte,
wer und was wir wirklich sind,
wie wir fühlen,
läßt sich (fast) nicht kontrollieren
wird von jedem Menschen -gleich welcher Kultur,
Nation oder Bildungsstufe- gesprochen
und doch von kaum einem verstanden.
Auch sie muß man lernen, wie eine Fremdsprache
aber wer tut das schon?
Dabei zeigt sie viel mehr von den Bereichen
unterhalb der verbalen Oberfläche,
sagen, was wir nicht zu sagen vermögen
sagen, was wir nicht zu sagen wagen
sagen, was wir manchmal nicht einmal wissen.
Vielleicht ist Sprache wie ein Strom...
ein Strom von Informationen, von denen
wir nur einen Bruchteil wahrzunehmen vermögen? |
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"Autor" |
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geschrieben am: 16.09.1999 um 11:46 Uhr
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Meine Gedanken zur Sprache, allerdings sehr trocken abgefaßt und wenig poetisch:
Grundlegendes
Sprache ist eine Aneinanderreihung von Lauten.
Sie ist eine Form in der wir unsere Gedanken fassen, sie ist aber auch eine Form in der wir diese Gedanken mitteilen.
Der Mensch denkt jedoch nicht immer in der Weise wie er spricht oder schreibt, sondern nur wenn er bewußt über eine Sache nachdenkt. Bevor er über eine Sache nachdenkt, muß ihm diese durch einen inneren oder äußeren Anreiz bewußt werden.
Je nach zeitlichen Abstand der Aufeinanderfolge von Lauten, unterschiedlicher Betonung und Zusammensetzung derselben, kommt jedem Laut, oder Lautgruppen eine andere Bedeutung zu. Die Schrift besteht im allegemeinen aus optischen und sensorischen (Blindenschrift) Symbolen. Diese Symbole stehen für Laute.
Vor dem Wort ist der Gedanke.
Oft haben wir ein Gedanke der in sich abgeschlossen und stimmig erscheint, wenn wir aber versuchen ihn niederzuschreiben oder auszusprechen, haben wir Schwierigkeiten ihn befriedigend zu formulieren.
Als Gedanke in sich geschlossen, erscheint er uns nun ungenau und unstimmig.
Wir haben die Gedanken zunächst nicht in der Form von grammatischen Sätzen, sondern ungeformt, als Gebräu aus un- , halb- und vollbewußten, aber dennoch als ein in sich stimmiges Ganzes.
Das Bewußtsein erschöpft sich nicht in der Sprache, die Sprache ist ein Akt des Bewußtseins. Indem ein Gedanke nun sprachlich formuliert wird, verliert er an Geschlossenheit.
Der Gedanke entspringt den Untiefen der Phantasie, der Kreativität, der Intuition, dem Unbewußten.
Bevor er aus dem Dunklen emporsteigen kann, mußte jedoch zuvor im Lichte des bewußten Denkens ein Anreiz gegeben worden sein.
Zuerst sät der Gärtner den Samen, danach bilden sich verborgen im Dunklen der Erde die Wurzeln, zuletzt strebt dann der Keim zum Licht.
Der Gedanke als Ganzes kann annäherungsweise vermittelt werden, wenn es gelingt diesen dem Gesprächspartner durch Beschreibungen näherzubringen.
Die Aufgabe der Sprache liegt in der Vermittlung der Gedanken. Und die Kunst dieser Vermittlung ist die Rhetorik. Sie sollte nicht die Überzeugung oder Beeindruckung des Gesprächspartners zum Ziel haben, sondern die möglichst genaue und verständliche Übermittlung von Gedanken. Der Gedanke wird formuliert zur Aussage, die Aussage wird formuliert in Sprache, aus der Sprache wird die Aussage herausgeformt, die Aussage soll den Gedanken erzeugen (nicht übertragen, dies wäre höchstens durch Telepathie möglich).
Jeder diese Schritte kann nun eine Quelle von Fehlern und/oder von Irrtümer sein. Fehler können durch Unachtsamkeit und/oder Ungenauigkeit beim formulieren aber auch beim herausformen entstehen, sie betreffen die Bildung der Form. Irrtümer können durch Unachtsamkeit und/oder Ungenauigkeit bei der Interpretation entstehen, sie betreffen die Erfassung des Inhaltes.
Ein Satz hat eine Form und eine Bedeutung. Die Form eines Satzes wird durch die grammatischen Regeln festgelegt.
Die Form eines Satzes ist die Syntax. Entspricht die Syntax eines Satzes den grammatischen Regeln, so ist der Satz richtig formuliert, entspricht sie diesen nicht, so ist er falsch formuliert.
Die Bedeutung eines Satzes ist die Aussage. Die Aussage eines Satzes ist immer entweder wahr oder unwahr.
Jede Aussage beansprucht für sich wahr zu sein - selbst die des Lügners, er will das ihm geglaubt wird, obwohl er die Unwahrheit seiner Aussage kennt.
Wahrheit selbts läßt sich nicht defininieren - jede Definition derselben, setzt bereits voraus, was es erst beweißen will.
Ich hatte ja gewarnt! [i]frinz[/i] |
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"Autor" |
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geschrieben am: 06.07.2018 um 09:49 Uhr
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Sehr tolle Gedanken und Worte zum Thema Sprache! Ich beschäftige mich in meiner Freizeit ebenfalls viel mit Lyrik und Rhetorik. Habe deswegen letztes Wochenende extra an einem Rhetorik Seminar (https://www.deutsche-rednerschule.de/) teilgenommen. Konnte mich dadurch in meiner Ausdrucksweise deutlich verbessern und habe dadurch viel mehr Inspiration bekommen weiterzuschreiben! :) |
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